Künstliche Intelligenz hat in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht, insbesondere in der Analyse von biologischen Daten und Bildmaterial. Der Fokus liegt zunehmend darauf, genetische Störungen nicht nur zu erkennen, sondern auch deren Auswirkungen auf zelluläre Strukturen zu verstehen, ohne umfangreiche und teure Labortests durchzuführen. Forscher am Paul Scherrer Institut (PSI) haben mithilfe der KI-gestützten Methode Image2Reg die Möglichkeit geschaffen, genetische Veränderungen in Zellbildern zu identifizieren. Diese Technologie könnte die Tür zu neuen, effizienteren Diagnose- und Therapieansätzen der modernen Medizin öffnen.
Ein neuer Ansatz zur genetischen Analyse
In der medizinischen Forschung ist die Fähigkeit, genetische Störungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, von entscheidender Bedeutung. Bei komplexen Erkrankungen wie Krebs, neurodegenerativen Leiden oder chronischen Entzündungen, die mit dem Alterungsprozess einhergehen, liegt die Herausforderung nicht nur im Identifizieren einzelner verantwortlicher Gene, sondern im Verstehen der komplexen Netzwerke, in denen diese Gene eingebunden sind. Ein wesentlicher Aspekt ist die dreidimensionale Struktur der DNA im Zellkern, das Chromatin, das als zentrales Element bei der Genregulation fungiert.
Die Untersuchung dieser genetischen Veränderungen war bisher aufwändig und teuer, erforderte spezialisierte Genexpressions- oder Sequenzierungstechniken. In einer kürzlich veröffentlichten Studie im Magazin Cell Systems haben Forscher verkündet, dass eine KI namens Image2Reg entwickelt wurde, die genetische Störungen anhand einfacher mikroskopischer Aufnahmen des Zellkerns erkennen kann. Diese Entwicklung verbindet Bildgebung mit maschinellem Lernen und molekularen Netzwerken und könnte sowohl diagnostische als auch therapeutische Anwendungen bieten.
KI analysiert Chromatinaktivität
Der erste Schritt bei der Nutzung von Image2Reg besteht darin, die sichtbaren Veränderungen im Chromatin zu analysieren, die auftreten, wenn die Aktivität eines bestimmten Gens gestört ist. Diese subtilen Strukturveränderungen in der DNA-Verpackung werden mithilfe eines Convolutional Neural Network (CNN) erfasst, einer auf Bildverarbeitung spezialisierten KI-Technologie. Die KI lernt, diese spezifischen Muster zu erkennen, die als Signatur einer genetischen Störung oder Überaktivierung dienen. Diese Technologie entwickelt ein „Auge“ für die Aktivität im Chromatin und unterstützt den Ansatz, genetische Veränderungen allein durch Bildgebung zu identifizieren.
Zusätzlich zur Bildanalyse baut Image2Reg ein zellspezifisches Netzwerk auf. Dieses Netzwerk beschreibt, wie Gene innerhalb einer Zelle in Beziehung stehen, basiert auf bekannten Protein-Protein-Interaktionen und nutzt Daten aus Genexpressionsanalysen. Das Netzwerk kombiniert diese Informationen, um eine komplexe Darstellung der genetischen Vernetzung in Zellen zu erstellen, unabhängig von äußeren Merkmalen im Zellbild.
Kombination von Bild- und Netzwerkdaten
Der entscheidende Schritt bei der Verwendung von Image2Reg ist die Integration der bildbasierten Informationen mit den biologischen Netzwerken innerhalb der Zelle. Dazu wird ein mathematisches Verfahren, die sogenannte Kernel-Maschine, spezifisch der Neural Tangent Kernel (NTK), eingesetzt. Diese Methode ermöglicht es, die durch die Bildanalyse gewonnenen Daten mit den genetischen Beziehungen im Netzwerk in Beziehung zu setzen und zu überprüfen, ob diese funktionalen Beziehungen korrekt abgebildet werden können.
Für das Training der KI standen fast eine Million einzelner Zellbilder zur Verfügung, sowohl von unbehandelten Kontrollzellen als auch von Zellen mit gezielt überaktivierten Genen. Die KI konnte bei der Analyse dieser Bilder eine Genauigkeit von 26 Prozent bei der Bestimmung der veränderten Gene erreichen, was weitaus höher als der Zufallswert von rund zwei Prozent liegt. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Modell in der Lage ist, verlässliche Vorhersagen über genetische Veränderungen zu treffen.
Praktische und medizinische Anwendungen
Image2Reg steht zwar noch am Anfang seiner Entwicklung, bietet jedoch erhebliche Potenziale für praktische Anwendungen, insbesondere in der medizinischen Diagnostik und Therapie. Viele schwerwiegende Erkrankungen können oft bis zu ihrer Messbarkeit fortschreiten, bevor Maßnahmen ergriffen werden, aber mit der frühzeitigen Erkennung genetischer Störungen durch diese KI-Technologie könnten neue therapeutische Zugänge ermöglicht werden.
Ein spezielles Augenmerk liegt auf der Entwicklung neuer Behandlungsansätze für bisher schwer zu behandelnde Krankheiten wie Fibrosen, bei denen funktionsfähiges Gewebe durch narbenartiges, unflexibles Gewebe ersetzt wird. Ein Frühwarnsystem anhand von Image2Reg könnte langfristig helfen, die Funktion von Organen wie Lunge, Herz oder Leber zu erhalten.
Zukunftschancen und Entwicklungen
In den vergangenen Jahren hat sich die künstliche Intelligenz rasant weiterentwickelt, besonders in der Analyse biologischer Daten sowie im Bereich der Bildverarbeitung. Der Schwerpunkt verlagert sich zunehmend darauf, genetische Störungen nicht lediglich zu erkennen, sondern auch deren Einfluss auf zelluläre Strukturen zu analysieren – und das ohne kostspielige und zeitaufwendige Labortests. Forscher des Paul Scherrer Instituts (PSI) haben mithilfe der KI-gestützten Technologie Image2Reg eine Methode entwickelt, um genetische Veränderungen in Zellbildern effizient zu identifizieren. Diese innovative Technologie verspricht erhebliche Fortschritte in der modernen Medizin und könnte neue, effizientere Diagnose- und Behandlungsansätze ermöglichen.
Durch die Anwendung von Image2Reg wird ein tieferes Verständnis der genetischen Daten erzielt, wodurch die Genauigkeit der Diagnosen verbessert werden kann. Besonders in der personalisierten Medizin bietet dies enormes Potenzial. Patienten könnten dadurch maßgeschneiderte Behandlungspläne erhalten, die exakt auf ihr genetisches Profil abgestimmt sind. Dies wäre ein bedeutender Schritt hin zu einer präziseren, individuellen Gesundheitsversorgung, die nicht nur in ihrer Effizienz, sondern auch in ihrer Wirksamkeit überzeugt. Somit ebnet die Kombination von KI und medizinischen Forschungen den Weg zu bahnbrechenden Entwicklungen im Gesundheitssektor.