Das vergangene Jahr offenbarte sich für die LEGO Gruppe als eine Zeit tiefgreifender Widersprüche, in der strategische Triumphe und technologische Meilensteine von scharfer Kritik an der Preispolitik, Qualitätsmängeln und kontroversen Unternehmensentscheidungen überschattet wurden. Von der Ankündigung, eine der begehrtesten Lizenzen der Popkultur erworben zu haben, bis hin zu einem Set, das eine nie dagewesene Preisgrenze durchbrach und damit eine Welle der Empörung auslöste, bewegte sich das Unternehmen auf einem schmalen Grat. Die Ereignisse des Jahres 2025 zeichneten das Bild eines globalen Marktführers, der versucht, die Erwartungen einer immer anspruchsvolleren und lautstärkeren Fangemeinde mit den kommerziellen Notwendigkeiten eines globalen Konzerns in Einklang zu bringen. Dabei wurden nicht nur Produkte und Preise, sondern auch die grundlegenden Werte und die ethische Haltung des dänischen Spielzeugherstellers auf den Prüfstand gestellt, was ein facettenreiches und oft turbulentes Jahr zur Folge hatte.
Strategische Weichenstellungen und Technologische Vorstöße
Eine der wohl größten Überraschungen des Jahres war die offizielle Bekanntgabe, dass die LEGO Gruppe sich die Lizenz für Pokémon gesichert hat, nachdem diese jahrelang fest in den Händen des Konkurrenten MEGA lag. Die Nachricht, dass ab 2026 Sets zu dem Videospiel-Giganten erscheinen werden, versetzte die globale Fangemeinde in einen Zustand euphorischer Erwartung. Erste Gerüchte befeuerten die Vorfreude zusätzlich und deuteten auf eine beeindruckende erste Produktwelle hin, die von einem monumentalen 650-Dollar-Modell der drei Starter-Pokémon der ersten Generation bis hin zu separaten Modellen von Ikonen wie Pikachu und Evoli reichen soll. Dieser strategische Coup positioniert LEGO für einen massiven Angriff auf ein neues, lukratives Marktsegment. Gleichzeitig formierte sich jedoch auch der Wettbewerb neu: Der Spielzeugriese Mattel kündigte mit der Einführung des „Mattel Brick Shop“ an, LEGO den Thron streitig machen zu wollen. Mattels erklärte Strategie, mit einer aggressiveren Preisgestaltung und der potenziellen Erweiterung um große Lizenzen wie DC gezielt den Markt für erwachsene Baumeister anzugreifen, verspricht, den Wettbewerbsdruck in den kommenden Jahren spürbar zu erhöhen und die Marktdominanz von LEGO herauszufordern.
Parallel zu den strategischen Manövern auf dem Lizenzmarkt setzte die LEGO Gruppe auch technologisch bemerkenswerte Akzente. Ein Meilenstein war die Einführung des ersten offiziell in einem Set verbauten 3D-gedruckten Bauteils im Weihnachts-Expresszug (10361). Obwohl es sich nur um eine winzige, funktionale Lokomotive handelte, markierte dieser Schritt den offiziellen Eintritt der additiven Fertigung in den Massenmarkt des Unternehmens. Die Reaktionen der Fangemeinde fielen gespalten aus: Während viele die Innovation begrüßten und auf die zukünftigen Möglichkeiten hofften, äußerten andere Bedenken hinsichtlich der Qualität und Beständigkeit und sahen darin einen potenziell problematischen Präzedenzfall. Ungeachtet dessen signalisierte LEGO, dass dies nur der Anfang sei. Die Ambitionen des Unternehmens wurden durch ein weiteres Gerücht untermauert: Für 2026 soll unter dem Banner der LEGO Architecture Reihe ein Set mit der schwindelerregenden Anzahl von rund 12.000 Teilen erscheinen. Sollte sich dies bewahrheiten, würde es den bisherigen Rekordhalter, die Weltkarte (31203), übertreffen und ein neues Zeitalter für die Komplexität und den Umfang von LEGO-Modellen einläuten, was die Fantasie der Baumeister-Community weltweit beflügelte.
Preispolitik und Qualität im Kreuzfeuer der Kritik
Während Innovationen für positive Schlagzeilen sorgten, entzündete sich an der Preispolitik die größte Kontroverse des Jahres. Im Mittelpunkt stand das Set 75419 Todesstern, das als erstes LEGO-Produkt die psychologisch bedeutsame Schwelle von 1.000 Dollar durchbrach. Von den ersten Gerüchten Ende 2024 bis zur finalen Enthüllung wurde das Set intensiv diskutiert. Die letztendliche Bestätigung eines Preises von 999,99 Euro für 9.036 Teile löste in weiten Teilen der Community eine heftige Gegenreaktion aus. Die Kritik richtete sich weniger gegen das Design als vielmehr gegen ein Preis-Leistungs-Verhältnis, das von vielen als unverhältnismäßig und als Zeichen einer abgehobenen Preisstrategie empfunden wurde. Der Todesstern wurde so zum Symbol für eine Entwicklung, die viele langjährige Fans mit Sorge betrachten: eine Preisspirale, die das Hobby für einen wachsenden Teil der Zielgruppe unerschwinglich zu machen droht und die Frage aufwirft, wo die Grenzen des kommerziell Vertretbaren liegen. Die Debatte hallte das ganze Jahr über nach und prägte die Wahrnehmung vieler weiterer Neuerscheinungen.
Diese Preisdebatte war kein Einzelfall, sondern fügte sich in einen breiteren Trend ein, der die Sommerwelle prägte. Ein weiteres Beispiel aus dem Star-Wars-Universum, der Republik-Moloch (75413), stand nicht nur wegen seines als horrend empfundenen Preises in der Kritik, sondern auch wegen seiner vermeintlichen Instabilität, was die Diskussion von der reinen Preisfrage auf die wahrgenommene Produktqualität ausweitete. Symptomatisch für diesen Trend waren auch drastisch teurere Kampfpakete, die für 45 Dollar angeboten wurden. Neben der Preisgestaltung geriet auch die Qualitätskontrolle ins Wanken. Besonders peinlich für ein Unternehmen, das für seine Präzision bekannt ist, waren die zwei aufeinanderfolgenden Sticker-Pannen beim Star-Trek-Set 10356 USS Enterprise NCC-1701-D. Ein Aufkleber enthielt einen Tippfehler in dem berühmten Zitat „kühn dorthin zu gehen, wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist“. Nachdem LEGO einen Ersatzaufkleber bereitgestellt hatte, stellte sich heraus, dass auch dieser eine eigene Reihe von Fehlern aufwies. Dieser Vorfall sorgte bei den Fans für eine Mischung aus Spott und Frustration und kratzte empfindlich am Qualitätsversprechen der Marke.
Unternehmerische Verantwortung und Logistische Hürden
Die schwerwiegendste Kontroverse des Jahres betraf jedoch nicht die Produkte selbst, sondern die Werte und die ethische Haltung der LEGO Gruppe. Im April sah sich das Unternehmen dem Vorwurf ausgesetzt, sein Engagement für Vielfalt und Inklusion (D&I) zu vernachlässigen. Auslöser war ein Bericht, wonach Begriffe wie „LGBTQ“, „Frau“ und „Diversität“ aus dem Jahresbericht 2024 entfernt worden waren. Ein dänischer Journalist spekulierte, dies sei eine Anpassung an die damalige politische Landschaft in den USA. Obwohl die LEGO Gruppe auf die massive öffentliche Kritik reagierte und versicherte, man sei den eigenen D&I-Initiativen weiterhin „voll und ganz verpflichtet“, konnte sie die Bedenken nicht vollständig ausräumen. Der Vorfall hinterließ einen nachhaltigen Imageschaden. Für weiteres Stirnrunzeln sorgte die Ankündigung einer überraschenden Partnerschaft mit der FIFA für eine Reihe von Sets zur Weltmeisterschaft 2026. Angesichts der zahlreichen vergangenen Skandale des Weltfußballverbands wurde dieser Schritt von vielen als rein kommerziell motiviert kritisiert und als Widerspruch zu den proklamierten Unternehmenswerten gesehen, die LEGO nach außen vertritt.
Zusätzlich zu den ethischen Debatten offenbarten sich auch erhebliche logistische Schwächen, die den Frust der Kunden direkt anfachten. Der mit Spannung erwartete Verkaufsstart des Herr-der-Ringe-Flaggschiff-Sets 10354 Das Auenland entwickelte sich zu einem regelrechten Debakel. Geplant für Mitternacht am 2. April, brachen die Server von LEGO.com unter dem enormen Ansturm zusammen. Unzählige Käufer, die hofften, sich das Set zusammen mit der exklusiven Gratisbeigabe 40761 Sméagol und Déagol zu sichern, scheiterten und gingen leer aus. Der Ansturm war eine direkte Folge der Erfahrung mit dem schnell vergriffenen Gratisgeschenk des Vorjahres, was den Ärger noch verstärkte. Ebenso beeinträchtigte die monatelange Pausierung des Pick-a-Brick-Dienstes in Nordamerika die Bausteinversorgung für Fans in den USA und Kanada empfindlich. Als möglicher Grund wurden Handelszölle vermutet, was die Situation für die Baumeister jedoch nicht verbesserte. Der Dienst wurde erst rechtzeitig zur Veröffentlichung neuer Teile im August wiederhergestellt, nachdem er einen Großteil des Jahres nicht verfügbar war.
Ein Jahr im Spiegel der Fangemeinde
In diesem turbulenten Jahr erlebte die Beziehung zur engagierten Fangemeinde ebenfalls Extreme. Eine äußerst positive Entwicklung war die Verbesserung des Crowdfunding-Prozesses auf der Tochterplattform BrickLink. Mit der Einführung einer „dynamischen Produktionszuweisung“ löste das Unternehmen ein langanhaltendes Problem des BrickLink Designer Program: Beliebte Sets waren oft innerhalb von Minuten ausverkauft. Das neue System ermöglichte es, die Produktionszahlen in Echtzeit anzupassen, sodass alle Finalisten während des gesamten Finanzierungszeitraums verfügbar blieben. Dieser kundenfreundliche Schritt wurde von der Community als großer Fortschritt gefeiert. Dieser positiven Nachricht stand jedoch eine äußerst negative gegenüber: BrickLink kündigte die Schließung des Marktplatzes in 35 Ländern an. Diese Entscheidung, die Tausende von Käufern und Verkäufern betraf, löste heftige Kritik und Enttäuschung aus. Obwohl die Schließung nach dem anfänglichen Widerstand auf Januar 2026 verschoben wurde, stellte sie für viele Nutzer einen schweren Schlag dar und zeigte die verletzliche Abhängigkeit der Community von den Entscheidungen des Mutterkonzerns.
Die enorme Leidenschaft und die Dynamik des Sammlermarktes wurden durch zwei weitere Ereignisse verdeutlicht, die die Bandbreite des Hobbys widerspiegelten. Der Hype um den Wolfsrudel-Bestienmeister aus der Minifiguren-Sammelserie 27 zeigte, wie eine einzige, schwer zu findende Figur den Markt bewegen konnte. Sie wurde von sogenannten „Armeebauern“ in großen Mengen aufgekauft, was ihre Verfügbarkeit für andere Sammler stark einschränkte und die teils exzessiven Züge des Sammelns aufzeigte. Am anderen Ende des Spektrums bewies die Versteigerung einer extrem seltenen Peter-Jackson-Minifigur die schwindelerregenden Höhen, die der High-End-Sammlermarkt erreichen kann. Eine von nur 20 produzierten Figuren des Regisseurs wurde für 38.028 US-Dollar verkauft. Diese Ereignisse unterstrichen die immense Wertschätzung und die finanzielle Kraft, die in seltenen LEGO-Stücken steckt, und bildeten den Abschluss eines Jahres, das von technologischem Fortschritt, strategischen Erfolgen, aber auch von tiefgreifenden Kontroversen und einer angespannten Beziehung zur eigenen Kernzielgruppe geprägt war.