Wie Wurde Ein Großes Cyberkriminalitätsnetzwerk Zerschlagen?

Februar 11, 2025

Am 04.12.2024 gelang den Ermittlungsbehörden ein bedeutender Schlag gegen ein umfassendes Cyberkriminalitätsnetzwerk. Diese gut koordinierte Aktion führte zur Zerschlagung wesentlicher Strukturen einer groß angelegten Cyberverbrechergruppierung. Unter Einbeziehung von Europol sowie Sicherheitsbehörden aus verschiedenen europäischen Ländern wurden mehr als 50 Server abgeschaltet, umfangreiche digitale Beweismittel gesichert und zwei Tatverdächtige festgenommen. Dieser Erfolg markiert einen wichtigen Meilenstein im Kampf gegen internationale Cyberkriminalität.

Die Ursprünge der Ermittlungen

Erste Verdachtsmomente und Untersuchungen

Seit Herbst 2022 untersuchen spezialisierte Ermittler des Fachkommissariats für Cyberkriminalität des Zentralen Kriminaldienstes Hannover und der Zentralstelle Cybercrime bei der Staatsanwaltschaft Verden die Aktivitäten dieses Netzwerks. Ausgangspunkt der Ermittlungen waren betrügerische Telefonanrufe, bei denen sich die Täter als Bankmitarbeiter ausgaben und sensible Informationen wie TANs, Adressen, Geburtsdaten oder Antworten auf Sicherheitsfragen erlangten. Diese Methode ermöglichte es den Tätern, sich unerlaubt Zugang zu den Bankkonten ihrer Opfer zu verschaffen und betrügerische Transaktionen durchzuführen.

Die Ermittlungen deckten schnell auf, dass hinter diesen Anrufen ein viel komplexeres Netz steckte. Es stellte sich heraus, dass die erlangten Daten systematisch weiterverkauft wurden, um sie für verschiedene Arten von Betrug zu nutzen. Die spezialisierten Ermittler begannen, tiefer in die Strukturen des Netzwerks einzudringen, wobei sie immer mehr Anhaltspunkte für weiterreichende kriminelle Aktivitäten fanden. Dabei spielten nicht nur die Telefonanrufe, sondern auch der Verkauf von Daten eine zentrale Rolle.

Die Rolle der Internet-Marktplätze

Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass diese sensiblen Daten häufig über spezielle Internet-Marktplätze beschafft wurden. Diese Plattformen dienten als zentrale Handelsplätze für illegal erworbene Daten, die an andere Kriminelle, insbesondere falsche Bankmitarbeiter, verkauft wurden. Die Marktplätze waren so strukturiert, dass die Daten nach verschiedenen Kategorien wie Region, Einkommen oder Kontostand sortiert und angeboten werden konnten.

Die nahtlose Integration dieser illegalen Handelsplattformen in die kriminelle Infrastruktur ermöglichte es Netzwerkmitgliedern, effizient und gezielt an benötigte Informationen zu gelangen. Auf diesen Plattformen fanden auch die Täter miteinander in Kontakt und konnten so groß angelegte Betrugsaktionen planen und durchführen. Der Handel mit diesen sensiblen Daten führte dazu, dass betroffene Personen mehrfach Opfer verschiedener Betrugsdelikte wurden, da ihre Daten immer wieder verkauft wurden.

Die Struktur des Netzwerks

Der Hauptakteur und sein Marktplatz

Einer der Hauptakteure dieses Netzwerks betrieb einen suggestiven Marktplatz, auf dem die gestohlenen Daten nach Kriterien wie Region und Kontostand gefiltert werden konnten. Diese perfide Methode maximierte die Einnahmen der Betreiber und erleichterte es anderen Kriminellen, maßgeschneiderte Datenpakete zu erwerben und gezielt Betrugsaktionen durchzuführen. Die gezielte Sammlung und Filterung der Daten ermöglichte es den Tätern, ihre Opfer mit höchster Präzision zu betrügen und enorme Schäden anzurichten.

Die Identifikation und Überwachung dieses Hauptakteurs war ein bedeutender Durchbruch in den Ermittlungen. Durch intensive Analyse von Kommunikationswegen und Transaktionen konnten die Aktivitäten dieser Person lückenlos dokumentiert werden. Im Verlauf der Ermittlungen wurde deutlich, dass der Kreis der Geschädigten stetig wuchs, was den Handlungsdruck auf die Ermittler erhöhte. Insgesamt konnten bei rund 57 Geschädigten Schäden in Höhe von mehr als 250.000 Euro nachgewiesen werden.

Das Netzwerk der Fake Shops

Die Ermittlungen führten auch zu einem komplexen Netzwerk aus sogenannten „Fake Shops“. Diese täuschend echt wirkenden Online-Plattformen lockten Käuferinnen und Käufer auf pseudo-Zahlungsdienstleisterwebsites. Das primäre Ziel dieser Shops war es, die dort eingegebenen Bankdaten und persönlichen Informationen abzufangen – eine Methode, die allgemein als Phishing bekannt ist. Die gesammelten Daten wurden mithilfe spezifischer Techniken weiter veräußert oder direkt für neue Betrugsakte genutzt.

Die enge Verflechtung der Fake Shops mit den Marktplätzen verdeutlichte die unglaubliche Komplexität des Netzwerks. Über 63.000 Datensätze konnten im Verlauf der Ermittlungen den Fake Shops zugeordnet werden. Diese Plattformen nutzten aufwändige Täuschungsmethoden, um ihren Opfern eine vermeintliche Sicherheit zu vermitteln und sie zur Eingabe sensibler Daten zu bewegen. Die dabei erlangten Informationen wurden systematisch weiterverarbeitet und auf den illegalen Marktplätzen gehandelt.

Der Einsatz und seine Ergebnisse

Abschaltung der Server und Sicherstellung von Beweismitteln

Durch den gestrigen Einsatz konnten 50 Server, auf denen sowohl der Online-Marktplatz „manson-market“ als auch andere kriminelle Marktplätze und Fakeshops gehostet wurden, abgeschaltet werden. Zudem wurden mehr als 200 Terabyte an digitalen Spuren sowie über 80 Datenträger, Handys, PCs, Bargeld und Kryptowerte im Wert von mehr als 63.000 Euro sichergestellt. Die zwei festgenommenen Beschuldigten, ein 27-jähriger und ein 37-jähriger Mann, wurden auf Grundlage europäischer Haftbefehle verhaftet, nachdem ihre Identitäten erfolgreich ermittelt werden konnten.

Die Sicherstellung der digitalen Spuren stellt einen bedeutenden Beweismittelpool dar, welcher weitere Ermittlungen ermöglicht. Die gesammelten Daten bieten umfangreiche Einblicke in die interne Kommunikation des Netzwerks und in die finanziellen Transaktionen, die im Rahmen der kriminellen Aktivitäten abgewickelt wurden. Dieser Fundus wird nun systematisch ausgewertet, um weitere Täter zu identifizieren und Folgeermittlungen einzuleiten.

Internationale Zusammenarbeit

Dieser Erfolg wäre ohne die internationale Zusammenarbeit nicht möglich gewesen. Neben den Ermittlern aus Niedersachsen waren Polizeibehörden aus den Niederlanden, Finnland, Österreich, Tschechien, Polen und Norwegen sowie Einsatzkräfte von Europol beteiligt. Unterstützt wurden die Verfolgungsbehörden von der Nonprofit-Organisation „The Shadow Server Foundation“. Diese übergreifende Kooperation unterstrich die Wichtigkeit der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Kampf gegen organisierte Cyberkriminalität.

Durch die gebündelten Ressourcen und Expertise der beteiligten Länder konnte dieser bedeutende Schlag gelingen. Die gemeinsamen Anstrengungen führten nicht nur zur Zerschlagung des Netzwerks, sondern werden auch als Maßstab für zukünftige internationale Ermittlungseinsätze dienen. Dieser Fall zeigt eindrucksvoll, wie wichtig eine effektive internationale Vernetzung bei der Bekämpfung von Cyberkriminalität ist und welche Ergebnisse dadurch erzielt werden können.

Stimmen der Beteiligten

Daniela Behrens, niedersächsische Ministerin für Inneres und Sport

Daniela Behrens gratulierte den Beteiligten zu diesem wichtigen Durchbruch gegen aus dem Ausland agierende Cyberkriminelle. Sie betonte, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sei und hob die strukturelle Stärkung der Ermittlungsbehörden in Niedersachsen hervor. Gleichzeitig machte sie darauf aufmerksam, dass es weiteren Verbesserungsbedarf gebe und die rechtliche Handhabe weiterentwickelt werden müsse, insbesondere in Bezug auf die Vorratsdatenspeicherung. Sie betonte, dass hier noch einige gesetzliche Anpassungen nötig seien, um auf die sich wandelnden Herausforderungen des digitalen Zeitalters reagieren zu können.

Ihre Worte wurden von vielen Seiten als wichtiger Impuls für die notwendige Reformdebatte gesehen. Ergänzend wies sie darauf hin, dass die Kompetenzen der Ermittler kontinuierlich erweitert werden müssen, um auch zukünftigen Bedrohungen durch Cyberkriminalität effektiv begegnen zu können. Dieser Erfolg, so Behrens, zeige klar, dass die bisherigen Maßnahmen greifen, aber stetige Weiterentwicklung essenziell sei.

Dr. Kathrin Wahlmann, niedersächsische Justizministerin

Dr. Kathrin Wahlmann lobte ebenfalls die Arbeit der Staatsanwaltschaft Verden und der Polizeidirektion Hannover. Sie betonte die große Expertise der niedersächsischen Strafverfolgungsbehörden bei der Bekämpfung von Cyberkriminalität und kündigte an, dass die Zentralisierung der Fachkenntnisse weiter vorangetrieben werde. Wahlmann hob hervor, dass die internationale Zusammenarbeit ein zentraler Schlüssel zum Erfolg sei und dass Niedersachsen in diesem Bereich weiterhin eine Führungsrolle einnehmen werde.

Sie unterstrich die Wichtigkeit einer spezialisierten Ausbildung für Ermittler und die Bereitstellung modernster technischer Ressourcen. Sie versprach, sich für zusätzliche Finanzmittel und Personalressourcen einzusetzen, um die Effektivität der Cyberkriminalitätsbekämpfung weiter zu steigern. Wahlmann machte zudem deutlich, dass Prävention ebenso wichtig sei wie Repression, und sprach sich für eine verstärkte Aufklärungsarbeit aus.

Gwendolin von der Osten, Präsidentin der Polizeidirektion Hannover

Am 04. Dezember 2024 erzielten die Ermittlungsbehörden einen bedeutenden Erfolg im Kampf gegen ein weitverzweigtes Cyberkriminalitätsnetzwerk. Diese umfassend und präzise geplante Aktion führte zur Zerschlagung wesentlicher Strukturen einer großen Cyberverbrecherbande. In enger Zusammenarbeit mit Europol und Sicherheitsbehörden aus verschiedenen europäischen Ländern wurden dabei mehr als 50 Server abgeschaltet. Zudem konnte eine erhebliche Menge an digitalen Beweismitteln sichergestellt werden, die nun zur weiteren Untersuchung genutzt werden. Bei dieser groß angelegten Razzia wurden zudem zwei Tatverdächtige festgenommen, was einen wichtigen Fortschritt im internationalen Kampf gegen die Cyberkriminalität darstellt. Dieser Erfolg markiert einen entscheidenden Meilenstein im Bestreben, Cyberkriminalität weltweit wirksam zu bekämpfen und die Sicherheit im digitalen Raum zu erhöhen. Die enge Zusammenarbeit zwischen den Behörden zeigt, wie wichtig koordinierte internationale Einsätze in diesem Bereich sind.

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