Kann Europa im Wettlauf um Künstliche Intelligenz aufholen?

September 12, 2024

Mario Draghi, ehemaliger italienischer Regierungschef und Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), hat im Auftrag von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Zustandsbeschreibung zur Wettbewerbsfähigkeit Europas verfasst. Der Bericht beleuchtet detailliert die Schwächen und Versäumnisse Europas, insbesondere in Bezug auf Schlüsseltechnologien, und gibt klare Empfehlungen zur Verbesserung. Besonders hervorgehoben wird die mangelnde Integration und Entwicklung Künstlicher Intelligenz (KI) innerhalb der Europäischen Union.

Herausforderungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz

Mangelnde Integration von KI in europäischen Unternehmen

Ein zentrales Thema des Berichts von Mario Draghi ist die unzureichende Integration und Entwicklung von Künstlicher Intelligenz in der gesamten EU. Während europäische Unternehmen lediglich zu 11 Prozent auf KI-Technologien setzen, stammen beeindruckende 73 Prozent der Basismodelle aus den USA und 15 Prozent aus China. Diese Zahlen verdeutlichen die Gefahr einer zunehmenden Abhängigkeit Europas von im Ausland entwickelten KI-Modellen. Eine solche Abhängigkeit könnte weitreichende Konsequenzen für diverse Schlüsselindustrien wie die Automobilbranche, Banken, Telekommunikation, Gesundheitswesen und den Einzelhandel haben. Die Folgen wären nicht nur wirtschaftlicher Natur, sondern könnten auch die Innovationskraft und Autonomie der europäischen Wirtschaft langfristig schwächen.

Ein weiteres Problem, auf das Draghi hinweist, ist das Fehlen ausreichender finanzieller Mittel, Fähigkeiten und Humankapitals in Europa. KI-Unternehmen wie Aleph Alpha und Mistral benötigen erhebliche Investitionen, die derzeit nicht durch die europäischen Kapitalmärkte gedeckt werden. Dies zwingt europäische Akteure vermehrt dazu, nach Finanzierungsmöglichkeiten außerhalb der EU zu suchen. Ein Blick auf die globalen Finanzierungen zeigt, dass 61 Prozent der KI-Startups in den USA und 17 Prozent in China angesiedelt sind, während EU-Unternehmen lediglich 6 Prozent der Finanzierungen erhalten. Diese Diskrepanz betont die Notwendigkeit, die Kapitalmärkte in Europa zu stärken, um die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationsfähigkeit zu sichern und zu fördern.

Talentmangel und regulatorische Herausforderungen

Auch der Mangel an qualifizierten Fachkräften im Bereich Datenwissenschaft stellt für Europa ein erhebliches Problem dar. Der vergleichsweise kleine Talentpool an hochqualifizierten Datenwissenschaftlern in der EU wird oft von besser zahlenden Arbeitgebern in anderen Ländern abgeworben. Draghi betont, dass dies ein ernsthaftes Hindernis für die Entwicklung und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Europa darstellt. Ein gezielter Ausbau von Bildungsprogrammen und Anreizen könnte dazu beitragen, diesen Talentmangel zu beheben und langfristig die Wettbewerbsfähigkeit Europas im KI-Sektor zu stärken.

Draghi sieht die EU-Gesetze wie die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und die geplante KI-Verordnung grundsätzlich als positiv, warnt jedoch vor deren Komplexität und möglichen Überschneidungen. Diese regulatorischen Hürden könnten die Entwicklung der europäischen Industrie erheblich behindern und dringend notwendige Investitionen und Innovationen ausbremsen. Eine ausgewogene Balance zwischen dem Schutz von Grundrechten, Produktsicherheit und weniger strengen Vorgaben ist daher entscheidend, um die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern. Vereinfachte Vorschriften und eine harmonisierte Umsetzung der DSGVO könnten ebenfalls dazu beitragen, die Innovationskraft zu stärken und die administrative Belastung für Unternehmen zu reduzieren.

Dominanz der USA im Cloud-Bereich und Konsequenzen für Europa

Marktmacht der amerikanischen Cloud-Dienste

Ein weiterer Punkt in Draghis Bericht ist die Dominanz der USA im Bereich der Cloud-Dienste, vor allem durch Unternehmen wie Amazon Web Services (AWS), Microsoft Azure und Google Cloud. Diese sogenannten Hyperscaler dominieren den Markt durch ihre erhebliche Marktmacht und enge Partnerschaften mit spezialisierten Firmen wie OpenAI, unterstützt durch umfangreiche Risikokapitalfinanzierungen. Daher ist der Marktanteil der EU-Unternehmen bei Cloud-Diensten auf weniger als 16 Prozent gesunken. Solche Skaleneffekte und die unterschiedlichen wirtschaftlichen Bedingungen stellen Europa vor erhebliche Herausforderungen. Die hohen Immobilien- und Energiekosten in Europa tragen ebenfalls dazu bei, dass eine Umkehr dieses Trends unwahrscheinlich erscheint.

Die Folgen dieser Abhängigkeit von amerikanischen Cloud-Anbietern sind vielfältig. Sie reichen von strategisch wichtigen Bereichen wie Datensicherheit und Datenschutz bis hin zu wirtschaftlichen und technischen Aspekten wie Skalierbarkeit und Kostenstrukturen. Die EU muss dringend Maßnahmen ergreifen, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und eine nachhaltige digitale Infrastruktur aufzubauen. Dies könnte durch die Förderung europäischer Cloud-Anbieter und die Schaffung günstigerer Rahmenbedingungen für Investitionen und Innovationen im Cloud-Bereich geschehen.

Empfehlungen für eine stärkere europäische Wettbewerbsfähigkeit

Mario Draghi, ehemaliger Premierminister Italiens und früherer Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), hat im Auftrag von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen umfassenden Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit Europas erstellt. In diesem Bericht analysiert Draghi gründlich die Schwachstellen und Defizite des Kontinents, insbesondere im Hinblick auf Schlüsseltechnologien, und gibt konkrete Empfehlungen für deren Verbesserung. Ein zentrales Thema des Berichts ist die unzureichende Integration und Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) innerhalb der Europäischen Union. Draghi betont, dass Europa deutlich hinter anderen globalen Akteuren wie den USA und China zurückbleibt und dringend aufholen muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Er schlägt vor, dass die EU mehr in Forschung und Entwicklung investieren und eine gemeinsame Strategie für KI entwickeln sollte. Des Weiteren wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, bürokratische Hürden abzubauen und Innovationen zu fördern, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas nachhaltig zu stärken.

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