Ein starkes Bild, das sofort betrifft
Die Türklinke noch warm, das Licht im Flur aus, und doch ist der Schrank offen, der Schmuck verschwunden, das Gefühl von Sicherheit brüchig, obwohl die Statistik kaum wächst und die Kosten pro Tat ungewohnt hochschlagen. Wer in einem Mehrfamilienhaus in Köln lebt, blickt anders auf den Nebenweg hinter dem Hof; wer einen Einzelhof in Niederbayern bewohnt, hört die Zufahrt bei Dunkelheit genauer. Beides gehört zur gleichen Geschichte, nur die Kulisse wechselt.
In Zahlen wirkt die Lage nüchtern und dennoch beunruhigend: 78.436 Wohnungseinbrüche, ein Plus von 0,8 Prozent, aber deutlich höhere Verluste pro Tat. Die Leitfrage drängt sich auf: Warum steigen Schäden, obwohl Fallzahlen nahezu stagnieren? Die Antwort führt in die Mechanik des Risikos – und in die Wirksamkeit von Prävention, die früher ansetzt als jede Ermittlung.
Warum dieser Befund jetzt zählt
Auf den ersten Blick bleibt die Anzahl stabil, auf den zweiten wird es teuer. Der durchschnittliche Schaden lag bei rund 3.800 Euro, der Gesamtschaden bei etwa 350 Millionen Euro. In Zeiten knapper Budgets verschiebt sich der Fokus: Nicht die Menge der Taten, sondern die Höhe der Verluste zwingt dazu, Sicherung neu zu priorisieren. Prävention wandelt sich vom „Nice to have“ zum betriebswirtschaftlichen Muss.
Standort entscheidet mit, aber nicht allein. Das Stadt-Land-Gefälle prägt das Risiko: dichte Bebauung, Anonymität und viele Fluchtwege in großen Städten; späte Entdeckung und lange Anfahrtswege in abgelegenen Lagen. Die Objektsicherung bildet dabei die variable Größe, die sich beeinflussen lässt – unabhängig davon, ob der Briefkasten in Mülheim oder im Landkreis Freyung-Grafenau steht.
Die Aufklärungsquote bleibt mit gut 15 Prozent niedrig. Das verschiebt die Gewichte: Der wirksamste Hebel liegt vor der Tat. Rund 46 Prozent der Einbrüche bleiben beim Versuch – ein messbarer Hinweis, dass mechanische Barrieren, Licht und Aufmerksamkeit in den ersten Sekunden entscheiden.
Ein Land zweier Muster: urbane Hotspots und stille Gegenpole
Wer nach Verdichtung sucht, findet sie in Mülheim (324 Fälle je 100.000 Einwohner), Bremerhaven (313) und Köln (279). Berlin (226) und Bremen (208) bilden ein oberes Mittelfeld, das die Logik der Großstadt bestätigt. Wo Hauseingänge, Hinterhöfe und Lieferwege eng verwoben sind, werden Zugänge unübersichtlich, Wege kurz und Rückzüge einfach. Eine Polizistin aus der Präventionsberatung fasst es so: „Widerstand in den ersten Sekunden entscheidet, ob die Tat scheitert.“
Warum Städte anfällig sind, zeigt der Blick auf Details. Ungesicherte Nebeneingänge, unbeleuchtete Durchgänge und Kellerfenster in Gemeinschaftsbereichen öffnen Gelegenheiten. Ein Gutachter betont: „Sichtbare Technik senkt die Attraktivität des Objekts.“ Wer vor einer RC2-Tür steht, greift seltener zum Hebel – wer im Schatten steht, riskiert es eher. In Köln genügte eine schwache Kelleröffnung, obwohl die Haustür verstärkt war; der Zugang erfolgte über den Nebenweg.
Der Süden und Südosten wirken wie ein Gegenbild. Bayern meldete etwa 27 Fälle je 100.000 Einwohner und lag damit deutlich unter dem Bundesmittel von knapp 92. Ländliche Landkreise wie Regensburg, Altötting oder Freyung-Grafenau erreichten teils Werte unter 20. Doch „gute Werte“ bedeuten kein Nullrisiko: Auf Hoflagen trifft späte Entdeckung auf große Grundstücke, die ohne Licht und klare Sichtachsen unbemerkt bleiben. In Niederbayern gelang ein Einbruch zwischen 18 und 21 Uhr, unbemerkt auf einer langen, dunklen Zufahrt.
Was Täter nutzen – und was sie stoppt
Das Muster bleibt oft schlicht. Unzureichend gesicherte Fenster, Terrassentüren und Kellereinstiege laden ein, gekippte Fenster und kurze Abwesenheiten ohne Verriegelung erleichtern den Ansatz. Typisch ist der schnelle Plan: Wege aufklären, kurzer Hebel an der Schwachstelle, schneller Rückzug, sobald Widerstand spürbar wird. Sichtbarkeit und Lärm zählen dabei als Gegenspieler, so simpel wie effektiv.
Versicherer berichten von „wenigen, aber teureren Taten“. Der Anstieg je Schaden deutet auf gezieltere Tätergruppen hin, die Schutzlücken erkennen und hochwertige Räume wählen. Ein klarer Befund folgt daraus: Basissicherungen wurden zu oft aufgeschoben, während Wertgegenstände konzentrierter gelagert sind. Die Erhöhung der Barriere – mechanisch zuerst, elektronisch sichtbar – reduziert diese Auswahl.
In der Praxis zahlte sich ein gestuftes Vorgehen aus. Mechanische Basis vor Elektronik, dann Licht, dann smarte Ergänzung: geprüfte Zylinder mit Not- und Gefahrenfunktion, Zusatzsicherungen an Fenstern, Panzerriegel an Nebentüren; dazu Bewegungsmelder mit klaren Zonen und vernetzte Klingeln an Haupt- wie Nebenwegen. Nicht alles kostet viel, aber alles muss sichtbar sein, um abzuschrecken – und legal platziert, um das Recht Dritter zu wahren.
Konkrete Schritte, die Wirkung entfalten
Eine sinnvolle Priorisierung startet beim Dreiklang aus Standort, Objekt und Verhalten. In hochverdichteten Vierteln stehen Haustür, Keller und Gemeinschaftszugänge an erster Stelle, während Reihenhäuser am Rand die Terrassentür, Seitenwege und Gärten absichern sollten. Auf Einzelhöfen tragen beleuchtete Zufahrten, einfache Detektion und robuste Perimeterlösungen. Ergänzend stärkt Organisation den Schutz: Nachbarschaftsabsprachen, Urlaubsvertretungen, neutrale Außenwirkung ohne Abwesenheitshinweise, klare Schließroutine.
Kurzfristig wirkten Maßnahmen unter 500 Euro überraschend stark: Zylinderwechsel, Fensterzusatzsicherungen, Panzerriegel. Innerhalb von 30 Tagen ließ sich die Außenwirkung verändern: Scheinwerfer mit Bewegungsmelder, Zeitschaltprofile, frei geschnittene Sichtachsen. Bei Sanierungen lohnten RC2/RC3-Elemente, einbruchhemmende Verglasung, verstärkte Rahmen und geprüfte Kellerabgänge – die Investition senkte die Attraktivität objektiv und sichtbar.
Entscheidend blieb das Nachsteuern. Ein Vorher-nachher-Check der Schwachstellen, probierte Wege bei Dunkelheit und ein jährlicher Sicherungs-TÜV machten Fortschritte messbar. Wer diesen Zyklus pflegte, erhöhte die Quote gescheiterter Versuche, senkte den Einzelschaden und entlastete die Statistik dort, wo es zählte: am eigenen Objekt. So schloss sich der Kreis zwischen Stadt und Land – und Prävention hatte die Lücke zwischen stagnierenden Zahlen und steigenden Schäden gefüllt.