Wird der Wieltsee Endlich vom Styropor Befreit?

Seit mehr als einem Jahrzehnt stellt die wiederkehrende Verschmutzung des Wieltsees in Sudweyhe durch unzählige Styroporpartikel ein massives und ungelöstes Umweltproblem dar, das die Uferbereiche regelmäßig mit einem unnatürlichen weißen Saum überzieht. Die unbestrittene Quelle dieser Kunststoffemissionen sind die sich zersetzenden Schwimmkörper der Steganlagen im örtlichen Marina-Jachthafen, die über Jahre hinweg unkontrolliert Mikroplastik in das sensible Ökosystem freisetzten. Eine besonders gravierende Verunreinigung im vergangenen Dezember, bei der ganze Uferabschnitte von den weißen Kügelchen bedeckt waren, hat das Problem jedoch erneut in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt und den Handlungsdruck auf die Gemeinde Weyhe und den Marina-Betreiber entscheidend erhöht. Die langjährige Duldung dieses Zustands steht nun auf dem Prüfstand, und die Forderung nach einer endgültigen, nachhaltigen Lösung ist lauter denn je. Die Frage, die sich Anwohner und Naturschützer stellen, ist, ob die nun angekündigten Maßnahmen tatsächlich das Ende dieser chronischen Umweltbelastung einläuten.

Ein Unerwarteter Verursacher und die Ökologischen Folgen

Während lange Zeit allgemeine Witterungseinflüsse wie starker Wellengang, Eisbildung im Winter oder extremes Hochwasser als Hauptursachen für den stetigen Materialabrieb der Styroporblöcke galten, wurde der konkrete Auslöser für die jüngste massive Freisetzung der Kunststoffpartikel eher durch einen Zufall aufgedeckt. Eine Beobachtung des Bootseigners und Marina-Mitarbeiters Stefan Egert enthüllte, dass heimische Blässhühner, eine Vogelart aus der Familie der Rallen, maßgeblich an der Zerstörung der Schwimmkörper beteiligt sind. Auf der Suche nach Nahrung picken die Vögel gezielt am grünen Algenbewuchs, der sich an den Styroporblöcken gebildet hat, und lösen dabei in erheblichem Umfang die kleinen weißen Kügelchen ab. Diese Erkenntnis, die auch den Verdacht von Bürgermeister Frank Seidel bestätigte, der ebenfalls Zugvögel als mögliche Verursacher in Betracht zog, lieferte eine spezifische Erklärung für das Ausmaß der jüngsten Verschmutzungswelle und rückte die ungeeignete Materialwahl für die Schwimmkörper endgültig in den Mittelpunkt der Debatte.

Die jahrelange Untätigkeit und die fortwährende Kontamination des Gewässers führten zu wachsendem Unmut und entschlossenen Reaktionen von Natur- und Gewässerschützern, die den Druck auf die Verantwortlichen signifikant erhöhten. Bereits im März 2025 ergriff Claus Lumma, Referent für Gewässerschutz beim Sportfischer-Verein Bremen, juristische Schritte und reichte eine Strafanzeige wegen Gewässerverschmutzung ein. Seine unmissverständliche Forderung war, den untragbaren Zustand „sofort abzustellen“. Gleichzeitig machte ein Fernsehbericht von Radio Bremen das Problem einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Dr. Ulrike Buck von der Nabu-Ortsgruppe Weyhe warnte als promovierte Biologin eindringlich vor den schwerwiegenden ökologischen Folgen. Sie kritisierte scharf, dass die Ursache der Umweltverschmutzung nicht konsequent beseitigt wurde, und betonte die Gefahr, dass der Kunststoff als Mikroplastik in die Nahrungskette gelangt und das sensible Ökosystem des Sees sowie die angrenzende Weser nachhaltig schädigen könnte.

Der Weg zur Langfristigen Lösung

Als unmittelbare Reaktion auf die akute Verschmutzungswelle im Dezember und den gestiegenen öffentlichen Druck wurden erste konkrete Maßnahmen zur Eindämmung des Schadens ergriffen. Mitarbeiter des gemeindlichen Baubetriebshofs rückten an, um die stark betroffenen Uferbereiche maschinell von den Styroporkügelchen zu reinigen und abzusaugen. Zusätzlich wurde an der Einfahrt zur Weser eine Ölsperre installiert, eine strategische Maßnahme, um eine weitere Ausbreitung des auf der Wasseroberfläche treibenden Kunststoffs in den größeren Flusskreislauf zu verhindern und die Kontamination auf den Wieltsee zu begrenzen. Parallel zu diesen behördlichen Aktionen demonstrierte der Bootseigner Stefan Egert eine pragmatische und effektive Zwischenlösung: Er ummantelte die Styroporblöcke an seinem Steg vollständig mit engmaschigem Draht. Diese einfache, aber arbeitsintensive Schutzvorrichtung verhinderte erfolgreich, dass die Blässhühner an das Styropor gelangen konnten, und zeigte eine praktikable Methode auf, das Problem zumindest kurzfristig einzudämmen.

Die entscheidende Wende im Umgang mit der chronischen Umweltbelastung stellt jedoch die verbindliche Zusage der Gemeinde Weyhe und der Marina Wieltsee dar, das Problem nun an der Wurzel zu packen und eine endgültige, nachhaltige Lösung umzusetzen. Nach intensiven Abstimmungen zwischen den Verantwortlichen wurde beschlossen, die veralteten und umweltschädlichen Styroporblöcke der rund 250 Stege systematisch durch moderne, umweltverträgliche Schwimmkörper, wie beispielsweise gekapselte blaue Tonnen, zu ersetzen. Laut Hafenmeister Axel Budelmann sind die hierfür notwendigen Materialien bereits bestellt. Die umfangreichen Sanierungsarbeiten, deren Kosten als erheblich beschrieben werden, sollen beginnen, sobald die Witterungsbedingungen es zulassen, voraussichtlich Anfang 2026. Als positives Vorbild dient der benachbarte Segelsportverein Wiking, der seine Steganlagen bereits vor einiger Zeit mithilfe von EU-Fördermitteln für über 20.000 Euro saniert und auf eine umweltfreundliche Technologie umgestellt hat, was die technische Machbarkeit einer solchen Lösung unterstreicht.

Ein Gemeinsamer Konsens für die Zukunft

Die langjährige Kontroverse, die das ökologische Gleichgewicht des Wieltsees bedrohte und für erheblichen Unmut bei Anwohnern und Umweltschützern gesorgt hatte, fand schließlich in einem bemerkenswerten Konsens aller Beteiligten ihren Abschluss. Der immense öffentliche und juristische Druck führte dazu, dass die Gemeinde als Eigentümerin, die Marina als Pächterin sowie die ansässigen Vereine ihre Differenzen überwanden und einen gemeinsamen Willen zur Beseitigung des Problems formulierten. Die gute Zusammenarbeit bei den jüngsten Aufräumarbeiten wurde von den Verantwortlichen ausdrücklich gelobt und als Zeichen für eine neue, konstruktive Phase gewertet. Dieser neu gefundene Konsens manifestierte sich in dem konkreten Plan, die veralteten Steganlagen vollständig zu sanieren. Für die Übergangszeit bis zum Abschluss dieser umfangreichen Arbeiten wurden zudem regelmäßige Kontrollen des Gewässers vereinbart, um bei erneuten Verunreinigungen sofort reagieren zu können. Die jahrelange Duldung einer offensichtlichen Verschmutzungsquelle in einem wertvollen Naturrefugium, das seltenen Arten wie dem Eisvogel eine Heimat bietet, wurde als unhaltbar erkannt.

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