Der Ortskern von Lesum, einem Stadtteil im Norden Bremens, steht vor einem spannenden Wandel, der sowohl Hoffnung als auch Herausforderungen mit sich bringt, während sich die Gemeinschaft auf eine ungewisse, aber vielversprechende Zukunft einstellt. Lange Zeit prägten leere Schaufenster und Geschäftsschließungen das Bild der Hindenburgstraße und anderer zentraler Lagen, was die Attraktivität des Viertels als Einkaufs- und Wohnort erheblich beeinträchtigte. Doch seit Mitte 2024 zeigt sich eine ermutigende Entwicklung: Neue Cafés, Restaurants und kleine Geschäfte öffnen ihre Türen und bringen frischen Wind in den Stadtteil. Diese Veränderung wird von vielen begrüßt, auch wenn die wirtschaftlichen Schwierigkeiten für den Einzelhandel und inhabergeführte Läden weiterhin eine große Hürde darstellen. Stimmen aus der Gemeinschaft, etwa von Svenja Esch, der Vorsitzenden der Interessengemeinschaft Einzelhandel und Gewerbe für Lesum, Burgdamm und St. Magnus (Igel), zeichnen ein gemischtes Bild aus Zuversicht und Sorge. Dieser Artikel beleuchtet die jüngsten Fortschritte, die bestehenden Probleme und die Visionen für die Zukunft dieses traditionsreichen Ortskerns. Dabei wird die Frage untersucht, wie ein kleiner Stadtraum im Zeitalter des Online-Handels und wirtschaftlicher Unsicherheiten überleben und gedeihen kann.
Aufschwung durch Neue Impulse
Aufschwung im Lesumer Ortskern durch Neueröffnungen
Der Lesumer Ortskern erlebt derzeit einen spürbaren Aufschwung, der vor allem durch eine Welle von Neueröffnungen getragen wird, insbesondere in der Gastronomie, die als treibende Kraft hervorsticht und den Wunsch vieler Anwohner nach einem vielfältigeren kulinarischen Angebot erfüllt. Seit Juli 2024 bereichern Betriebe wie das Café und Restaurant „Nilo’s“ in der Hindenburgstraße sowie das Restaurant „Alhan“ mit libanesischer Küche in der Oberreihe das Viertel. Auch kleinere Unternehmen wie die „Puzzle Bar“ oder der Hundefriseur „Schicke Schnauze“ tragen zur Belebung bei und sorgen für eine bunte Mischung. Svenja Esch hebt hervor, dass diese neuen Angebote nicht nur die Frequenz auf den Straßen erhöhen, sondern auch das Vertrauen in die Zukunft des Ortskerns stärken. Die Vielfalt der Konzepte zeigt, dass es durchaus Potenzial gibt, unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen und so die Attraktivität von Lesum zu steigern.
Ein weiterer Aspekt, der zur positiven Stimmung beiträgt, ist die Kreativität, mit der leerstehende Räume genutzt werden, um neue Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen und den lokalen Handel zu beleben. Ein Beispiel hierfür ist der „Frei-Raum-Lesum“, der in den ehemaligen Räumen eines Cafés entstanden ist und nun als mietbarer Veranstaltungsraum dient. Solche innovativen Ideen bieten nicht nur eine Lösung für den Leerstand, sondern schaffen auch Orte der Begegnung, die das Gemeinschaftsgefühl stärken. Die neuen Betriebe ziehen zudem Besucher aus umliegenden Vierteln an, was den lokalen Handel insgesamt belebt. Dennoch bleibt abzuwarten, ob dieser Schwung nachhaltig ist, da die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiterhin schwierig bleiben. Die bisherigen Erfolge sind jedoch ein vielversprechendes Zeichen dafür, dass Lesum auf dem richtigen Weg sein könnte, sich als lebendiger Ort neu zu erfinden.
Schatten der Vergangenheit: Leerstand und Schließungen
Trotz der jüngsten positiven Entwicklungen lasten die Herausforderungen der vergangenen Monate schwer auf dem Lesumer Ortskern, und die Schließung mehrerer traditionsreicher Geschäfte zu Jahresbeginn 2024 hat tiefe Spuren in der Gemeinschaft hinterlassen. Die Fleischerei Prott am Lesumer Marktplatz beendete nach 96 Jahren ihren Betrieb, ebenso wie der „Lesumer Hof“ in der Oberreihe, eine bekannte Gaststätte, die im Januar aufgab. Auch kleinere Läden wie „Weser-Kind“ oder die Fleischerei Rudolph in der Hindenburgstraße konnten wirtschaftlich nicht überleben. Die Gründe für diese Schließungen sind vielfältig: Neben der allgemeinen Inflation und schwierigen Branchenbedingungen spielten auch persönliche Entscheidungen der Inhaber eine Rolle, die sich aus der Selbstständigkeit zurückzogen. Diese Entwicklung führte zu einem sichtbaren Leerstand, der die Stimmung im Viertel dämpfte.
Die leeren Schaufenster, insbesondere in der Hindenburgstraße, stellen nach wie vor ein großes Problem dar, da sie die Attraktivität des Ortskerns als Einkaufsort mindern und das Interesse potenzieller Kunden sowie neuer Geschäftstreibender deutlich schmälern. Der Verlust von traditionsreichen Betrieben hat nicht nur wirtschaftliche, sondern auch kulturelle Folgen, da sie oft ein fester Bestandteil des sozialen Lebens in Lesum waren. Viele Anwohner befürchten, dass ohne nachhaltige Lösungen der Leerstand weiterhin das Bild prägen könnte. Die Aufgabe besteht nun darin, diese Räume mit neuen Konzepten zu füllen, die sowohl wirtschaftlich tragfähig als auch für die Gemeinschaft wertvoll sind. Die jüngsten Neueröffnungen sind ein erster Schritt, doch es bedarf weiterer Anstrengungen, um die Lücken dauerhaft zu schließen und das Vertrauen der Geschäftstreibenden und Bewohner zurückzugewinnen.
Hoffnung durch Bauprojekte und Investitionen
Ein vielversprechender Ansatz zur Belebung des Ortskerns liegt in geplanten Bauprojekten, die langfristig neue Impulse setzen könnten und somit einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung des Viertels leisten. An der Adresse An der Lesumer Kirche plant Bekim Dervishaj, der Betreiber des Restaurants „Renoir“, einen Neubau mit einem Café im Erdgeschoss und Mietwohnungen in den oberen Etagen. Dieses Vorhaben könnte einen seit Langem bestehenden Leerstand beenden und den Marktplatz aufwerten. Zwar trifft das Design nicht auf uneingeschränkte Zustimmung, doch Svenja Esch unterstützt das Projekt entschieden, da es einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung des Viertels leistet. Sie warnt davor, durch übermäßige Kritik solche Investitionen zu gefährden, da derartige Initiativen essenziell für die Zukunft von Lesum sind. Solche Bauvorhaben zeigen, dass es durchaus Unternehmer gibt, die bereit sind, in den Stadtteil zu investieren.
Diskussion über die Nutzung leerstehender Gebäude
Parallel dazu gibt es Diskussionen über die Nutzung anderer leerstehender Gebäude, wie etwa des ehemaligen Ortsamts in der Hindenburgstraße, um eine sinnvolle Wiederbelebung des Ortskerns zu ermöglichen und gleichzeitig den Bedarf an Wohnraum und Infrastruktur zu decken. Während frühere Pläne für Gastronomie oder Büros scheiterten, werden nun Vorschläge laut, das Gebäude wieder als Verwaltungsstandort zu nutzen, möglicherweise mit einer Polizeistation, während dahinter Wohnraum entstehen könnte. Diese Ideen spiegeln den Bedarf an einer ausgewogenen Nutzung wider, die sowohl wirtschaftliche als auch soziale Aspekte berücksichtigt. Die Kombination aus Wohn- und Gewerbeflächen könnte dazu beitragen, die Attraktivität des Ortskerns zu steigern und gleichzeitig den Bedarf an Wohnraum in der Region zu decken. Solche Projekte erfordern jedoch Geduld und eine enge Zusammenarbeit zwischen Investoren, Verwaltung und der Bevölkerung, um tragfähige Lösungen zu entwickeln.
Erwartungen und Wünsche der Anwohner
Die Visionen der Bewohner von Lesum für ihren Ortskern
Die Bewohner von Lesum haben klare Vorstellungen davon, wie ihr Ortskern zukünftig aussehen sollte, doch die Umsetzung dieser Ideen gestaltet sich oft schwierig, da viele Hindernisse im Weg stehen. Viele wünschen sich kleine, inhabergeführte Geschäfte, die individuelle Angebote bereithalten, wie etwa einen Unverpacktladen oder ein Fachgeschäft für Kinderschuhe, wie Svenja Esch berichtet. Solche Konzepte könnten das Viertel bereichern und eine Alternative zum standardisierten Angebot großer Ketten bieten. Allerdings fehlt es häufig an Unternehmern, die bereit sind, solche Ideen in die Tat umzusetzen. Die Nachfrage nach individuellen Läden ist zwar vorhanden, doch die wirtschaftlichen Risiken und die hohen Anforderungen an Zeit und Kapital schrecken potenzielle Betreiber ab. Dies stellt eine zentrale Herausforderung für die Weiterentwicklung des Stadtteils dar.
Hausbesitzer spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Gestaltung des Ortskerns, da sie oft Wert auf eine ausgewogene Mischung der Geschäfte und qualitativ hochwertige Konzepte legen, um die Attraktivität der Innenstadt zu fördern. Nicht immer passen jedoch die Vorstellungen potenzieller Mieter zu diesen Anforderungen, was die Suche nach geeigneten Pächtern erschwert. Es zeigt sich, dass eine enge Abstimmung zwischen Eigentümern, Unternehmern und der Gemeinschaft notwendig ist, um tragfähige Lösungen zu finden. Die Wünsche der Bevölkerung könnten als Leitlinie dienen, um den Ortskern attraktiver zu gestalten, doch es bedarf konkreter Anreize, um Unternehmer zu ermutigen, diese Visionen umzusetzen. Nur so könnte es gelingen, die Balance zwischen den Bedürfnissen der Anwohner und den wirtschaftlichen Realitäten zu finden.
Wirtschaftliche Hürden für den Einzelhandel
Der Einzelhandel in Lesum vor großen Herausforderungen
Der Einzelhandel in Lesum steht vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen, die es vielen Geschäftstreibenden schwer machen, langfristig zu bestehen, und die Situation wird durch verschiedene Faktoren zusätzlich erschwert. Svenja Esch, selbst Inhaberin der Buchhandlung „Lesumer Lesezeit“, schildert eindrucksvoll, wie schwierig es ist, finanziellen Gewinn zu erzielen und gleichzeitig eine ausgewogene Lebensweise zu führen. Die langen Arbeitszeiten und die oft geringen Einnahmen stellen eine enorme Belastung dar, die viele potenzielle Nachwuchsunternehmer abschreckt. Hinzu kommen äußere Faktoren wie die Konkurrenz durch den Online-Handel und steigende Betriebskosten, die den Druck auf kleine Läden weiter erhöhen. Diese Rahmenbedingungen machen den Einzelhandel zu einem wenig attraktiven Betätigungsfeld für junge Menschen, die nach beruflicher Sicherheit und Ausgleich streben.
Trotz dieser Schwierigkeiten sieht Svenja Esch in ihrer Arbeit auch einen tieferen Sinn, der über den finanziellen Aspekt hinausgeht, und sie findet Motivation in der Förderung der Lesekultur sowie im Aufbau eines lokalen Netzwerks. Diese Aspekte könnten auch andere dazu anregen, sich im Einzelhandel zu engagieren. Es wird deutlich, dass neben wirtschaftlichen Anreizen auch ideelle Werte eine wichtige Rolle spielen, um den Beruf attraktiver zu gestalten. Die Frage bleibt, wie solche intrinsischen Anreize gestärkt werden können, um Nachwuchs zu gewinnen. Ohne eine Verbesserung der Rahmenbedingungen oder gezielte Unterstützung durch die Politik und die Gemeinschaft wird es schwierig bleiben, den lokalen Handel in Lesum dauerhaft zu sichern und weiterzuentwickeln.
Blick nach Vorne: Ideen für eine lebendige Zukunft
Vorschläge zur Gestaltung des Lesumer Ortskerns
Für die künftige Gestaltung des Lesumer Ortskerns gibt es zahlreiche Vorschläge, die darauf abzielen, Leerstände sinnvoll zu nutzen und das Viertel attraktiver zu gestalten, damit es für Bewohner und Besucher gleichermaßen ansprechender wird. Svenja Esch bringt die Idee ein, Räume wie das derzeitige Polizeirevier für generationenübergreifende Begegnungen zu öffnen, etwa durch Kurse der Volkshochschule, eine Musikschule oder kulturelle Veranstaltungen. Solche Konzepte könnten nicht nur leere Gebäude beleben, sondern auch das soziale Gefüge im Stadtteil stärken. Die Schaffung von Orten, an denen Menschen zusammenkommen, könnte Lesum als lebendigen und einladenden Ort etablieren, der über den reinen Einkaufsaspekt hinausgeht. Diese Vision zeigt, wie wichtig es ist, wirtschaftliche und gesellschaftliche Ziele miteinander zu verbinden.
Ein weiterer zentraler Punkt ist der Bedarf an zusätzlichem Wohnraum, um Lesum auch als Wohnort attraktiv zu halten und gleichzeitig den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht zu werden. Die Kombination aus Wohn- und Gewerbeflächen in neuen Bauprojekten könnte eine Lösung bieten, um sowohl die wirtschaftliche Basis zu stärken als auch ein ausgewogenes Wachstum zu fördern. Diese ganzheitliche Herangehensweise erfordert jedoch eine sorgfältige Planung und die Einbindung aller Beteiligten, von der Verwaltung über Investoren bis hin zu den Anwohnern. Die bisherigen Entwicklungen und Ideen lassen hoffen, dass Lesum den Weg zu einer nachhaltigen Belebung eingeschlagen hat. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich diese Visionen in den kommenden Jahren umsetzen lassen und ob es gelingt, die Balance zwischen Tradition und Moderne zu finden.